(geboren: 25. Mai 1931 in Berlin, gestorben 3. Januar 2021 in Marburg)
„Glaube – Liebe – Hoffnung; die Liebe allein ist zu schwach, der Glaube nicht Jedem gegeben. Es bleibt die Hoffnung als immerwährendes Gut. Hoffen wir!“ Horst Ganz 2008
Prof. Horst Ganz ist nach kurzer Krankheit in Marburg verstorben. Die Vereinigung Mitteldeutscher HNO-Ärzte gedenkt seiner als einen ihrer beiden Gründungsväter. Zusammen mit Eggert Beleites, der bereits 15 Jahre vor ihm starb, hat er 1 Jahr nach der Wiedervereinigung unsere MDHNO als erste Versammlung ost- und westdeutscher HNO-Ärzte in der Mitte Deutschlands etabliert. Ziel war und ist es, „Grenzen zu überwinden; Mitglied kann jeder werden, der sich der Mitte zugehörig fühlt“. Das Pflänzchen, das Ganz und Beleites in Jena einst gepflanzt haben, ist heute ein 30 Jahre alter gesunder Baum, der uns an die beiden in Dankbarkeit erinnert. Ein Zweig daraus ist in Form der jährlichen Deutsch-Tschechischen HNO-Tage erwachsen. Aus der MDHNO entstand mit tatkräftiger Unterstützung durch Horst Ganz ein Forum, in dem sich deutsche und tschechische meist junge HNO-Ärzte freundschaftlich begegnen und ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse austauschen. Dankbar sind wir in Thüringen auch für die Unterstützung bei der Etablierung des Landesverbandes Thüringen des Deutschen Berufsverbandes der HNO-Ärzte. Horst Ganz`s Eintreten für grenzüberschreitende Verständigung, Achtung und Vertrauen wurde mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande gewürdigt.
Horst Ganz war kein gebürtiger Deutscher. Er entstammt einer alten Schweizer Familie, die 1941 von Berlin nach Brünn, der Hauptstadt Mährens, umzog. Zu dieser Zeit, er war 10 Jahre alt, erhielt er die deutsche Nationalität, besuchte das Deutsche Gymnasium und erlebte hier, so sagt er es, die schönste Zeit seiner Kindheit. Als die Ostfront näher kam, machte sich die Mutter mit den drei Brüdern auf dem Weg in Richtung Westen. Der Vater blieb zunächst zurück, kam jedoch wenig später nach, als die Familie in München Pasing untergekommen war. Horst Ganz gehörte zum sogenannten weißen Jahrgang, d. h. er war für den Militärdienst in der Wehrmacht noch zu jung und für den Dienst in der Bundeswehr bereits zu alt. So konnte er zügig sein Abitur in Regensburg machen, Medizin in Regensburg und Heidelberg studieren und promoviert werden. Unter Professor Berendes genoss er in Marburg seine Ausbildung, avancierte zum 1. Oberarzt und habilitierte sich. Seit 1959 bis zu seinem Tode lebte Horst Ganz in Marburg. Als überregional bekannter HNO-Arzt an der Marburger Universitäts-HNO-Klinik und später in eigener Praxis hat er hier operiert und Medizinstudenten bei den Frustrationen und Aha-Erlebnissen des HNO-ärztlichen Untersuchungskurses begleitet. Das Ganze habe er 51 Semester lang erlebt und daher glaubte er, würdig zu sein, ins Guinness Buch der Rekorde zu gehören. In der Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde ist sein Name mit über 200 medizinischen Veröffentlichungen, einem Lehrbuch und weiteren Handbuchbeiträgen verbunden. Einer seiner großen Verdienste ist die Buchreihe „HNO-Praxis Heute“, die er seit 1980 anfangs allein dann bis 1996 mit Prof. W. Schätzle und bis ins Jahr 2000 zusammen mit Prof. H. Iro herausgegeben hatte. Die jährlich erscheinende und bis 2007 fortgesetzte Reihe, zuletzt herausgegeben von Prof. H. Iro und Dr. E. Biesinger, bot eine praxisbezogene Fort- und Weiterbildung, die vor allem von niedergelassenen HNO-Ärzten und Klinikassistenten gern angenommen wurde.
Horst Ganz`s künstlerische Begabung stammt wahrscheinlich von seiner Mutter, die erst als ihre drei Söhne groß waren, in Mannheim Malerei studierte und erfolgreich war. Zu Horst Ganz humanistischem Bildungsweg gehörten eine Gesangsausbildung und Klavierunterricht. Konzert- und Opernbesuche bildeten einen festen Bestandteil seines Familienlebens. Noch im Pensionärs Alter besuchte er musikwissenschaftliche Vorlesungen. Er komponierte verschiedene Musikstücke für Klavier und Orchester und sogar eine Oper mit dem Titel „Karriere“, in der er beschreibt, wie ohne Protektion eine Universitätslaufbahn unmöglich ist. Auf einer unserer Deutsch-Tschechischen HNO-Tage hat er Teile dieses Singspiels uraufgeführt. Ja, er konnte unterhalten mit Gesang und Klavierspiel! Seine literarische Ader pflegte Horst Ganz zunehmend nach Ende seiner beruflichen Laufbahn. Das Verfassen von Sprüchen, Aphorismen, Gedichten, Märchen, Geschichten und Essays, oftmals zu Sinnfragen, gern auch gewürzt mit Ironie, waren sein Metier. Lyrische Rührseligkeit war ihm fremd. Seine im Selbstverlag herausgegebenen Bücher (z. B. Nebenbei bemerkt – Nichtmedizinisches von einem Mediziner oder Nebenbei Zwo – Noch mehr nicht Medizinisches vom Mediziner oder Es stand nicht im Kongressbericht) sind eine Fundgrube für die Erinnerung an den Autor. Zwangsläufig fand H. Ganz zum Bundesverband deutscher Schriftstellerärzte, wo er bald einen, natürlich ehrenamtlichen Vorstandsposten einnahm. Wohlwissend, dass körperliche Anstrengungen zum mentalen und psychologischen Wohlbefinden beitragen, war es selbstverständlich, dass Horst Ganz Sport liebte. Er spielte noch im Alter Tennis und war treues aktives Mitglied bei den Marburger Altersturnern. Unsere herzliche Anteilnahme gilt seiner Familie und da besonders seiner lieben Hadie, mit der er so viel Schönes erleben konnte. Horst war für die glückliche Zweisamkeit stets dankbar.
Die Mitglieder und Freunde der MDHNO werden sich immer an den Menschen, Organisator, Arzt und Wissenschaftler in ehrendem Gedenken erinnern.
Hilmar Gudziol
Im Namen des Vorstands der MDHNO
Jena, im Februar 2021